Was für ein Buch! Welch schiere Menge Wissen und Erfahrung darin steckt. Was Wunder, der Autor hat viel Wissen zu Papier gebracht, mehr noch als was sich in dem von ihm gegebenen unzähligen Workshops und Kursen wiederholte, dazu all die Fragen beantwortet, die aufkamen. So ist eines der umfangreichsten Nachschlagewerke zum Thema Heilpilze entstanden, großformatig und bildgewaltig. Die Pilzmedizin hat in den letzten Jahren auch im Westen in Form Kapseln, Tinkturen oder Pulver Einzug gehalten. Erschwinglich ist sie nicht, doch wie sie selbst herzustellen ist wird nun detailliert nach Vermittlung der Grundlagen erklärt. Ob per Dampfdruck extrahiert, als Auszug/ Dekokt mit und ohne Kräuter angesetzt, oder auch ein Instandpulver, ja sogar Salben – davon habe ich bis dato noch nie gelesen. Nach wie vor kritisch beäugt wird das Unbekannte – Zeit es näher kennen und schätzen zu lernen. Noch dazu, wenn die vorgestellten Arten bestens klinisch untersucht und in ihrer Wirksamkeit bestätigt wurden. Manche Sorten werden seit Jahrhunderten eingesetzt, da fragt man sich unweigerlich: Woher wussten unsere Vorfahren davon? Freilich wird das Wissen weitergegeben, so auch im Fall des Autors, der in 4. Generation Mykologe und Herbalist ist. Erfahrung – sie ist es die befähigt sich in der geheimen und geheimnisvollen Welt der Pilze einigermaßen zurecht zu finden, ausgelernt ist niemals, zu mannigfaltig ist die Thematik.
Einige vorgestellte Arten sind bekannt – wie der Wiesenchampignon oder Mu-Err – dann aber eine Symbiose von Geistermottenraupe und Myzel, namens Cordyceps. Es wirkt krebshemmend, fördert Ausdauer, Leistung und hilft bei Luftnot. Igel-Stachelbart sah ich bei einer Pilzexkursion das erste Mal – er fördert die Hirnleistung, ist hilfreich bei Neuropathie und Alzheimer-Demenz. Shiitake wirkt unter anderem hochgradig antiviral, einige Milchlinge gegen Candida – auch der Birkenporling hilft hier als alkoholischer Extrakt. Auf die erweiterte Pilzreise schicken psilocybinhaltige Spezies, vielleicht zum Allwissen, oder zur Linderung von Clusterkopfschmerzen, Depression, Angstneurosen. Bei dem Thema gibt es statt des erhobenen Zeigefingers die genaue Anleitung zur Extraktion als Tinktur. Es bestätigt auf den folgenden Seiten etwas was sich in frühester Kindheit bei mir einbrannte, mitgeteilt von einem alten Herrn:
„Klar kannst du Fliegenpilze essen – du musst sich nur ordentlich kochen und das Wasser weggießen.“
Probieren würde ich trotzdem nicht – wer weiß schon wie man reagiert. Deshalb gilt: bei allem Suchen und Sammeln ist das Wohlergehen der Lebensgemeinschaft „Draußen“ und das Eigene an erste Stelle zu setzen. Suchen, Putzen, Zubereiten, Essen – Pilze sind Sinnlichkeit pur. In welch unterschiedlichen Strukturen, Formen, Farben sie wachsen, manche klitzeklein, andere schon von Ferne leuchtend grüßend. Das Faszinierende dabei ist das sich die allermeisten (Waldpilz)Sorten eben nicht kultivieren lassen, sie bleiben frei und unberechenbar. Sie wachsen nur wenn alle Parameter passen. Wer Mühe und Aufwand nicht scheut kann versuchen Pilze kultivieren, auch davon berichtet das ausgesprochen reichbebilderte Buch. Auf Stroh, auf Holz, innen und außen – ganz wie es beliebt. Was natürlich nicht fehlen darf: einige Rezepte für kulinarische Genüsse, mache sind sehr ausgefallen, so wie das Buch. Nichts von der Stange, sehr speziell, eröffnet es berauschende Forschungswelten, ganz ohne Psilocybin. Nach der Lektüre wünschte ich mir, die Pilzmedizin, gleich welchen Kulturkreises, würde im Westen mehr Beachtung und Anwendung finden. Lerne begierig und hinterfrage alles. Wenn ich dann in einem solchen Buch lese:
Zitat: „Ich persönlich fand anfangs Pilze mit Würmern abstoßend, jetzt nicht mehr. Wenn ich die Pilze zerteile und ich entdecke Würmer, ist mir das egal. In Italien aß ich einmal in einem Restaurant, das zu fast jedem Gang Steinpilze servierte… im Filet entdeckte ich Wurmlöcher und beschwerte mich. Die Bedienung gab sich vollkommen überrascht und sagte: „Wo liegt das Problem, das ist die allerbeste Sorte!““ fühle ich mich an meine unvoreingenommene jugendliche Entdecker- und Sammellust erinnert und mitgenommen auf eine Entdeckungsreise, die nie endet und mir – gemütlich abends nach einem Waldspaziergang in den Ohrensessel gekuschelt so viele erstaunte Ohs! und AHs! entlockte wie kaum ein anderes Buch vorher, sein Echo klingt in mir beim nächsten Draußen-Besuch, lässt mich sehen, lässt Erfahrung und Selbstvertrauen wachsen. Mit diesem Nachschlagewerk ist das Fundament gesetzt – bauen wir darauf auf.
Ganzheitliche Anwendung von Heilpilzen,
Autor: Dr. Christopher Hobbs
Hardcover, Großformat 22 x 28 cm. 328 Seiten.
ISBN 978-3-946245-10-0